Karenzverlängerung durch unbezahlten Urlaub
Karenzverlängerung durch unbezahlten Urlaub
Karenzverlängerung durch unbezahlten Urlaub
Viele Eltern möchten nach der gesetzlichen Karenzzeit noch etwas länger zu Hause bleiben. Eine solche Verlängerung wird in der Praxis häufig als „Karenzverlängerung“ bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich rechtlich aber nicht mehr um eine Karenz im Sinn des Mutterschutzgesetzes oder des Väter-Karenzgesetzes, sondern um einen unbezahlten Urlaub.
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einem derartigen Wunsch zuzustimmen. Eine Verlängerung über die gesetzliche Karenzdauer hinaus bedarf daher einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Gesetzliche Karenzdauer
Für Kinder, die nach dem 1. November 2023 geboren wurden, können die Eltern die gesetzliche Karenz grundsätzlich bis zum vollendeten 24. Lebensmonat nutzen, wenn sie sich in der Betreuung abwechseln oder ein Elternteil allein für das Kind sorgt. Nimmt hingegen nur ein Elternteil die Karenz in Anspruch, endet sie mit dem 22. Lebensmonat des Kindes. Danach besteht kein gesetzlicher Anspruch mehr auf Karenz.
Möchten Eltern über diesen Zeitpunkt hinaus beim Kind bleiben, kann nur ein unbezahlter Urlaub vereinbart werden, nicht aber eine gesetzliche Karenzverlängerung.
Zustimmungserfordernis und Ablehnungsrecht
Der Arbeitgeber kann einen Antrag auf Karenzverlängerung ablehnen. Eine Zustimmung ist reine Kulanz, kein Rechtsanspruch. Umgekehrt steht es dem Arbeitnehmer frei, einen Vorschlag des Arbeitgebers auf unbezahlten Urlaub anzunehmen oder abzulehnen.
Es ist daher wichtig zu betonen, dass eine „verlängerte Karenz“ keine gesetzliche Karenz darstellt, sondern stets auf einer privatrechtlichen Vereinbarung über unbezahlten Urlaub beruht. Die Verlängerungsphase gilt somit nicht als Karenz im rechtlichen Sinn, sondern eindeutig als Zeitraum unbezahlten Urlaubs.
Form und Inhalt der Vereinbarung
Die Vereinbarung über den unbezahlten Urlaub sollte unbedingt schriftlich erfolgen.
Dabei sind folgende Punkte besonders zu beachten:
- Bezeichnung: Es muss klar festgehalten werden, dass kein gesetzlicher Karenzzeitraum verlängert, sondern unbezahlter Urlaub gewährt wird
- Interesse des Arbeitnehmers: Die Vereinbarung sollte ausdrücklich festhalten, dass die Karenzverlängerung im Interesse des Arbeitnehmers erfolgt
- Urlaubs- und Abfertigungsfolgen: Vereinbaren Sie, dass der Zeitraum der unbezahlten Karenzverlängerung bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen und der Abfertigung „Alt“ unberücksichtigt bleibt
- Sonderzahlungen: Für die Dauer des unbezahlten Urlaubs gebühren keine Sonderzahlungen, sofern nichts anderes vereinbart oder kollektivvertraglich geregelt ist
Dr. Mariella Stubhann MPM MBAFinanz & Recht „Die sogenannte Karenzverlängerung ist rechtlich nichts anderes als ein unbezahlter Urlaub, sie beruht allein auf freiwilliger Vereinbarung und erfordert klare vertragliche Regelungen, um Missverständnisse und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.“
Kündigungs- und Entlassungsschutz
Der gesetzliche Kündigungsschutz während der Karenz endet vier Wochen nach Ablauf der Karenz.
Während einer freiwillig vereinbarten Karenzverlängerung (also eines unbezahlten Urlaubs) besteht kein gesetzlicher Kündigungsschutz mehr, und dieser kann auch nicht vertraglich verlängert werden, da die gerichtliche Zuständigkeit gesetzlich festgelegt ist.
Allerdings kann der Arbeitgeber freiwillig einen Kündigungsverzicht erklären. Tut er das nicht, darf er grundsätzlich ab dem 29. Tag nach Ende der gesetzlichen Karenz kündigen, sofern keine Diskriminierung vorliegt.
Diskriminierungsschutz
Seit 1. November 2023 ist das Gleichbehandlungsgesetz auch auf Diskriminierungen anzuwenden, die im Zusammenhang mit Elternkarenz, Elternteilzeit oder dem Papamonat stehen.
Eine Kündigung während einer Karenzverlängerung kann daher als Diskriminierung gelten, wenn sie erkennbar mit der Betreuungspflicht in Zusammenhang steht. Solche Kündigungen sind anfechtbar.
Praktische Hinweise
- Nach Ende der Karenzverlängerung lebt das Dienstverhältnis automatisch wieder auf, sofern keine Kündigung erfolgt ist
- Beantragt der Arbeitnehmer während der Verlängerung Elternteilzeit, entsteht ein neuer Kündigungs- und Entlassungsschutz, der mit Bekanntgabe, frühestens vier Monate vor Beginn der Teilzeit, einsetzt
- Arbeitgeber sollten Kündigungen während des „Kündigungsfensters“ (zweiter Monat der Verlängerung) besonders sorgfältig begründen, um Diskriminierungsvorwürfe zu vermeiden
„Kündigungsfenster“ im zweiten Verlängerungsmonat
Bei einer Karenzverlängerung um zum Beispiel sechs Monate besteht im ersten Verlängerungsmonat noch der nachwirkende Kündigungsschutz aus der gesetzlichen Karenz (28 Tage). Ab dem dritten Monat kann durch einen Antrag auf Elternteilzeit erneut Kündigungsschutz entstehen. Nur im zweiten Verlängerungsmonat besteht daher ein mögliches, aber rechtlich noch nicht höchstgerichtlich geklärtes „Kündigungsfenster“, in dem eine Kündigung grundsätzlich zulässig wäre.
Auswirkungen auf Urlaubsanspruch und Abfertigung
- Urlaubsanspruch: Erfolgt die Karenzverlängerung im Interesse des Arbeitnehmers, wird diese Zeit bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nicht berücksichtigt
- Abfertigung Alt: Eine Nichtanrechnung kann vereinbart werden. Ohne entsprechende Regelung wird der Zeitraum der Verlängerung angerechnet
- Sonderzahlungen: Für unbezahlte Zeiträume bestehen keine Ansprüche auf Sonderzahlungen, es sei denn, der Kollektivvertrag sieht Abweichungen vor