Beschäftigung neben der Karenz
Beschäftigung neben der Karenz
Beschäftigung neben der Karenz
Viele Eltern möchten während der Karenz zumindest in geringem Umfang weiterarbeiten, um den beruflichen Anschluss zu halten oder das Familieneinkommen zu ergänzen. Das österreichische Arbeitsrecht erlaubt dies grundsätzlich, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Entscheidend ist, welches Modell gewählt wird und ob die gesetzlichen Grenzen eingehalten werden.
Zulässige Beschäftigungsformen nach der Geburt
Nach der Geburt eines Kindes bestehen vier arbeitsrechtlich zulässige Varianten, um (teilweise) tätig zu bleiben:
- Vollkarenz mit geringfügiger Nebenbeschäfitigung: zwei getrennte Dienstverhältnisse bestehen parallel
- Elternteilzeit
- Normale Teilzeit
- Betreuungsteilzeit nach dem AVRAG
Welche Variante sinnvoll ist, hängt von den familiären, finanziellen und betrieblichen Umständen ab.
Vollkarenz mit geringfügiger Nebenbeschäftigung
Im engeren Sinn bedeutet „Beschäftigung neben der Karenz“ eine geringfügige Tätigkeit während einer laufenden Karenz. Arbeitnehmer dürfen also während der Karenz geringfügig beschäftigt sein, wobei ein eigenständiges Dienstverhältnis entsteht.
Beide Dienstverhältnisse werden völlig unabhängig voneinander behandelt, sodass eine Pflichtverletzung im Nebenjob keine Auswirkungen auf das karenzierte Hauptdienstverhältnis hat. Für das geringfügige Dienstverhältnis entstehen eigenständige Ansprüche, insbesondere auf Urlaub und Sonderzahlungen. Der Kündigungsschutz gilt ausschließlich für das karenzierte Hauptdienstverhältnis, während das geringfügige Beschäftigungsverhältnis keinen solchen Schutz bietet.
Wer sich im System der „Abfertigung Alt“ befindet, fällt mit Beginn der neuen geringfügigen Beschäftigung automatisch in das System der „Abfertigung Neu“.
In der Praxis wird die geringfügige Beschäftigung häufig befristet für die Dauer der Karenz vereinbart. Fehlt eine klare Vereinbarung, gilt sie in der Regel als befristet bis zum Ende der Karenz.
Zustimmung des Arbeitgebers
Eine geringfügige Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber bedarf nur dann der Zustimmung des ursprünglichen Arbeitgebers, wenn im Dienstvertrag eine entsprechende Klausel enthalten ist.
Handelt es sich jedoch um eine abträgliche Nebentätigkeit, kann der Arbeitgeber die Zustimmung verweigern und im Extremfall beim Arbeits- und Sozialgericht auf Zustimmung zur Entlassung klagen.
Abträgliche Nebentätigkeit
Eine abträgliche Nebentätigkeit liegt vor, wenn eine Nebenbeschäftigung die berechtigten Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn durch die Tätigkeit
- Konkurrenz zum Arbeitgeber entsteht
- die Arbeitskraft des Arbeitnehmers durch die Nebenbeschäftigung derart beansprucht wird, dass seine Leistung im Hauptdienstverhältnis leidet, oder
- die Tätigkeit das Ansehen oder das Vertrauen in den Arbeitnehmer beeinträchtigt
Dr. Mariella Stubhann MPM MBAFinanz & Recht „Arbeiten während der Karenz ist erlaubt, doch wer dauerhaft mehr verdient, riskiert den Verlust des Kündigungsschutzes.“
Geringfügigkeitsgrenze und zulässige Überschreitung
Die geringfügige Beschäftigung darf grundsätzlich die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten, andernfalls gilt sie nicht mehr als „Nebenjob während der Karenz“.
Für höchstens 13 Wochen pro vollkarenziertem Kalenderjahr darf diese Grenze jedoch überschritten werden. Wird die Karenz nur teilweise im Kalenderjahr konsumiert, reduziert sich diese Frist aliquot.
Eine Beschäftigung über dieser Grenze hinaus bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers, wenn sie bei einem anderen Arbeitgeber erfolgt
Wichtig:
Die Geringfügigkeitsgrenze ist arbeitsrechtlich relevant und darf nicht mit der Zuverdienstgrenze zum Kinderbetreuungsgeld verwechselt werden. Die arbeitsrechtliche Grenze bestimmt, ob das Hauptdienstverhältnis karenziert bleibt, während die Zuverdienstgrenze den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld regelt.
Mehr zum Kinderbetreuungsgeld lesen Sie hier.
Folgen einer Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze
Solange Sie die gesetzlichen Grenzen einhalten, gelten das karenzierte Arbeitsverhältnis und die geringfügige Beschäftigung als zwei voneinander unabhängige Dienstverhältnisse. Arbeiten Sie jedoch über längere Zeit mehr, also über 13 Wochen hinweg über der Geringfügigkeitsgrenze, ändert sich die rechtliche Beurteilung.
Variante 1: Überschreitung nachträglich
Wenn Sie zunächst geringfügig arbeiten und erst später mehr verdienen oder länger arbeiten, gilt die Karenz ab der 14. Woche als unterbrochen oder ruhend. Ihr ursprüngliches Arbeitsverhältnis wird ab diesem Zeitpunkt wieder aktiv, und Sie gelten als Teilzeitbeschäftigte.
Variante 2: Überschreitung von Beginn an
Wenn Sie hingegen von Beginn an mehr als geringfügig arbeiten, handelt es sich nicht um eine Beschäftigung während der Karenz, sondern von Anfang an um eine Teilzeitbeschäftigung. In diesem Fall genießen Sie keinen besonderen Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz oder dem Väter-Karenzgesetz, sondern nur jenen Schutz, der für Teilzeitbeschäftigungen allgemein gilt.
Abgrenzung zu Elternteilzeit und Betreuungsteilzeit
Ob eine Tätigkeit während oder nach der Karenz als Elternteilzeit, normale Teilzeit oder Betreuungsteilzeit gilt, hängt von der getroffenen Vereinbarung ab. Entscheidend sind:
- der Zeitpunkt der Beschäftigung,
- das Ausmaß der Arbeitszeit,
- und ob eine gesetzliche Schutzbestimmung in Anspruch genommen wird.
Fehlt eine klare Vereinbarung, drohen Rechtsunsicherheiten bei Kündigungsschutz, Urlaubsanrechnung oder Abfertigung.
Betreuungsteilzeit
Die Betreuungsteilzeit ist eine spezielle Form der Teilzeitbeschäftigung, die Arbeitnehmern ermöglicht, ihre Arbeitszeit vorübergehend zu reduzieren, um sich intensiver um nahe Angehörige zu kümmern, etwa um Kinder, Ehepartner, Lebensgefährten oder Eltern.
Unterschied zur Elternteilzeit:
- Elternteilzeit: bezieht sich ausschließlich auf die Betreuung eigener Kinder bis zu einem bestimmten Alter und bietet gesetzlichen Anspruch (unter bestimmten Voraussetzungen)
- Betreuungsteilzeit: gilt auch für die Pflege anderer naher Angehöriger, ist aber frei zu vereinbaren
Praxistipp
Arbeitgeber sollten gemeinsam mit dem Arbeitnehmer klar definieren,
- in welchem Ausmaß und für welchen Zeitraum gearbeitet wird,
- ob es sich um geringfügige Beschäftigung, Teilzeit oder Elternteilzeit handelt,
- und wann die Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit erfolgt
Nur so lassen sich spätere Streitigkeiten über Kündigungsschutz, Abfertigung oder Urlaubsansprüche vermeiden. Eine sorgfältige schriftliche Vereinbarung schützt beide Seiten und schafft Rechtssicherheit.