Kindesunterhalt

Kindesunterhalt

Der Kindesunterhalt ist die finanzielle oder natürliche Versorgung von Kindern durch ihre Eltern. Er soll sicherstellen, dass Kinder ihre grundlegenden Bedürfnisse, wie Unterkunft, Nahrung und Kleidung, decken können.  Alle Details zum Kindesunterhalt erfahren Sie hier auf Finanz & Recht | Österreich.

Alle Informationen zum Kindesunterhalt in Österreich.

Geht eine Ehe, eingetragene Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft in die Brüche, dann verbleiben die Kinder nach der Trennung überwiegend bei einem Elternteil. Dort gestalten sie ihren Alltag, sie besuchen die Schule, pflegen ihre Freundschaften und werden hauptsächlich betreut und versorgt.

Der andere Elternteil, der nicht die hauptsächliche Betreuung übernimmt, verbringt in der Regel deutlich weniger Zeit mit den Kindern, häufig beispielsweise an jedem zweiten Wochenende. Zwar stellt auch dieser Elternteil in dieser Zeit Unterkunft, Verpflegung und Fürsorge bereit, doch entspricht der Umfang der Betreuung nicht dem des überwiegend betreuenden Elternteils.

Dr. Mariella Stubhann MPM MBA Dr. Mariella Stubhann MPM MBA
Finanz & Recht
„Aus diesem Ungleichgewicht ergibt sich die gesetzliche Regelung: Der hauptsächlich betreuende Elternteil leistet durch die Betreuungsleistung einen sogenannten Naturalunterhalt, der andere Elternteil hat zum Ausgleich einen Geldunterhalt zu leisten.“

Dauer des Kindesunterhalts

Ein weitverbreiteter Irrtum besteht darin, anzunehmen, dass der Anspruch auf Kindesunterhalt automatisch mit dem 18. Geburtstag endet. Zwar endet mit der Volljährigkeit die Obsorgepflicht der Eltern – der Unterhaltsanspruch hingegen bleibt davon unberührt. Entscheidend ist nicht das Alter, sondern die sogenannte Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes.

Was bedeutet „selbsterhaltungsfähig“?

Ein Kind gilt dann als selbsterhaltungsfähig, wenn es in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft – also aus eigenem Einkommen – zu bestreiten. In vielen Fällen ist dies erst mit Abschluss einer weiterführenden Ausbildung oder eines Studiums möglich. Deshalb kann der Unterhaltsanspruch unter Umständen bis Mitte oder Ende zwanzig bestehen. Grundsätzlich geht man davon aus, dass ein Kind nach erfolgreichem Abschluss der Schul- und Berufsausbildung selbst für sich sorgen kann.

Während des Präsenz- oder Zivildienstes wird das Kind in der Regel ebenfalls als selbsterhaltungsfähig eingestuft – vorausgesetzt, es lebt in durchschnittlichen Lebensverhältnissen. Ob das im konkreten Fall tatsächlich zutrifft, muss jedoch individuell beurteilt werden.

Studium: nicht gleichbedeutend mit Anspruch

Ein häufiger Stolperstein ergibt sich bei volljährigen Kindern, die ein Studium oder eine sonstige Ausbildung beginnen. Denn: Ein bloß eingeschriebener Student ist nicht automatisch unterhaltsberechtigt. Voraussetzung ist, dass die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird.

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„Werden Prüfungen regelmäßig wiederholt oder verschoben oder kommt das Studium über längere Zeiträume zum Erliegen, kann der Anspruch auf Unterhalt entfallen – selbst dann, wenn das Kind noch nicht selbsterhaltungsfähig ist.“

Formen des Kindesunterhalts: Natural- und Geldunterhalt

Kindesunterhalt ist nicht gleich Kindesunterhalt. Man zwei grundlegende Formen: Naturalunterhalt und Geldunterhalt.

Naturalunterhalt: Betreuung und Versorgung im Alltag

Der Naturalunterhalt wird typischerweise von jenem Elternteil geleistet, bei dem das Kind hauptsächlich lebt. Er äußert sich in der unmittelbaren Versorgung des Kindes mit allem, was für das tägliche Leben notwendig ist: Unterkunft, Nahrung, Kleidung, Lernmaterialien, Hygieneartikel, aber auch emotionale Betreuung und die Organisation des Alltags zählen dazu.

Das bedeutet: Wer das Kind in seinem Haushalt betreut, erfüllt seine Unterhaltspflicht vorwiegend durch persönliche Fürsorge und Bereitstellung materieller Lebensgrundlagen.

Geldunterhalt: Finanzieller Beitrag des nicht betreuenden Elternteils

Der andere Elternteil, also jener, bei dem das Kind nicht hauptsächlich betreut wird, ist zur Zahlung von Geldunterhalt verpflichtet. Dieser wird in der Regel als monatlicher Fixbetrag entrichtet und dient dazu, den Anteil des nicht betreuenden Elternteils an den Lebenshaltungskosten des Kindes sicherzustellen.

Geldunterhalt soll den Naturalunterhalt ergänzen und damit sicherstellen, dass beide Elternteile trotz ungleicher Betreuungsanteile finanziell in ähnlichem Ausmaß zum Unterhalt des Kindes beitragen.

Höhe des Kindesunterhalts

Die Höhe des zu zahlenden Kindesunterhalts richtet sich im Wesentlichen nach zwei maßgeblichen Faktoren: dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und dem Alter des Kindes. Grundsätzlich gilt: Je höher das Einkommen und je älter das Kind, desto mehr Unterhalt ist zu leisten.

Ferner können weitere Einflussgrößen wie die Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder sowie eine bestehende Unterhaltspflicht gegenüber einem früheren Ehepartner die Berechnung beeinflussen.

Die Prozentmethode: Orientierung an Einkommen und Alter

In der Praxis haben sich Richtsätze in Prozent des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen etabliert. Diese sogenannten Prozentsätze steigen mit dem Alter des Kindes:

Diese Werte verstehen sich pro Kind und gelten unter der Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse.

Die Luxusgrenze: Schutz vor überhöhtem Unterhalt

Bei besonders hohem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils würde der Kindesunterhalt bei starrer Anwendung der Prozentmethode unangemessen steigen. Um dem entgegenzuwirken, hat die Rechtsprechung die „Luxusgrenze“ eingeführt. Diese begrenzt den Unterhaltsanspruch auf das 2- bis 2,5-fache des sogenannten Regelbedarfs.

Der Regelbedarf beschreibt jenen Betrag, den ein Kind durchschnittlich monatlich für seinen Lebensunterhalt benötigt. Dieser Wert wird jährlich vom Jugendwohlfahrtsträger altersabhängig in einer Bedarfstabelle veröffentlicht.

Anrechnung eigener Einkünfte des Kindes

Hat ein Kind eigene, regelmäßige Einkünfte, etwa durch eine Lehrlingsentschädigung, sind diese auf den Unterhalt anzurechnen, wodurch sich die Höhe des zu zahlenden Betrags entsprechend reduziert.

Nicht anrechenbar sind hingegen:

Diese Leistungen gelten nicht als dauerhaft gesicherte Eigenmittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts und bleiben deshalb bei der Unterhaltsberechnung außen vor.

Das Doppelresidenzmodell: Gleichwertige Betreuung, kein Geldunterhalt

Wenn beide Elternteile nach einer Trennung die Betreuung ihrer Kinder zu annähernd gleichen Teilen übernehmen, spricht man vom Doppelresidenzmodell (auch bekannt als „Wechselmodell“ oder „echte Doppelbetreuung“). In diesem Modell leisten beide Elternteile Naturalunterhalt, also direkte Betreuung, Versorgung und Unterbringung – eine Verpflichtung zur Zahlung von Geldunterhalt besteht nicht.

Keine starre 50:50-Aufteilung erforderlich

Die Rechtsprechung verlangt für die Anerkennung des Doppelresidenzmodells keine mathematisch exakte Halbierung der Betreuungszeiten oder finanziellen Aufwendungen. Eine solche Genauigkeit wäre im Alltag kaum praktikabel. Vielmehr muss die Aufteilung der Betreuung „annähernd gleichwertig“ sein – das bedeutet, beide Elternteile tragen in vergleichbarem Ausmaß zur Erziehung, Versorgung und Organisation des Kinderalltags bei.

Entscheidend ist also nicht das Stoppen der Uhr, sondern eine insgesamt ausgewogene Beteiligung beider Elternteile über einen längeren Zeitraum hinweg.

Rechtliche Hürden und strenge Kriterien

In der Praxis erscheint das Doppelresidenzmodell für viele Eltern zunächst attraktiv – schließlich entfällt die Pflicht zur Zahlung von Geldunterhalt. Doch Vorsicht: Die rechtlichen Anforderungen sind hoch. Gerichte prüfen sorgfältig, ob tatsächlich eine annähernd gleichwertige Betreuungsleistung vorliegt. Dazu zählen:

Ein bloßes Abwechseln an Wochenenden oder eine unklare Betreuungssituation reicht nicht aus. Wer sich auf das Doppelresidenzmodell beruft, muss dessen Voraussetzungen nachvollziehbar belegen können.

Das Verfahren zum Kindesunterhalt

Grundsätzlich ist jeder Elternteil, der zur Geldleistung verpflichtet ist, dazu angehalten, den Kindesunterhalt regelmäßig und in voller Höhe zu zahlen. Doch was passiert, wenn dieser Verpflichtung nicht oder nur unzureichend nachgekommen wird?

Einerseits kann das Kind in solchen Fällen den säumigen Elternteil auf Zahlung klagen. Andererseits greift in Österreich zudem ein gesetzlich geregelter Schutzmechanismus: das Unterhaltsvorschussgesetz.

Der Unterhaltsvorschuss: Schutzschirm für das Kind

Zahlt der unterhaltspflichtige Elternteil nicht oder zu wenig, bedeutet das nicht automatisch, dass das Kind leer ausgeht. Das Unterhaltsvorschussgesetz garantiert, dass auch in solchen Situationen eine finanzielle Absicherung besteht. Die Republik Österreich springt in diesem Fall ein und leistet Vorschüsse auf den ausstehenden Unterhalt.

Diese Zahlungen erfolgen nicht automatisch, sondern nur, wenn bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen unter anderem:

Erfüllt das Kind diese Bedingungen, kann es beim zuständigen Bezirksgericht einen Antrag auf Unterhaltsvorschuss stellen. Die Republik Österreich übernimmt dann zunächst die Zahlung und tritt in weiterer Folge in die Rolle der Gläubigerin gegenüber dem säumigen Elternteil – der Staat fordert den Unterhalt nachträglich zurück.

Ziel: Lückenlose Versorgung des Kindes

Das Verfahren dient einem zentralen Zweck: der Sicherstellung der kontinuierlichen Versorgung des Kindes, unabhängig vom Verhalten des unterhaltspflichtigen Elternteils. Damit schützt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des Kindes und entlastet den betreuenden Elternteil zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht.

Kosten des Verfahrens zum Kindesunterhalt

Im Rahmen des Unterhaltsvorschussverfahrens fallen für das unterhaltsberechtigte Kind keine Gerichtsgebühren an. Und zwar weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Rechtsmittelverfahren.

Zuletzt geändert: 17.08.2025
Autor Dr. Mariella Stubhann MPM MBA
Beruf: Medieninhaberin, Chefredakteurin, Juristin
Dr. Mariella Stubhann MPM MBA ist Herausgeberin und Chefredakteurin von Finanz & Recht | Österreich. Ihre journalistischen Schwerpunkte liegen in den Bereichen Recht, Finanzen, Steuern und Soziales.

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