Auszug aus der Ehewohnung vor der Scheidung – das kann Sie Ihr Vermögen kosten.
Es gibt viele Gründe für einen Auszug aus der Ehewohnung vor der Scheidung. Jeder einzelne davon ist gefährlich. Wo die Gefahren lauern und welche Lösungen existieren, erfahren Sie hier auf Finanz & Recht | Österreich.
Top 3 Gründe für den Auszug aus der Ehewohnung
Die drei häufigsten Gründe für einen Auszug aus der Ehewohnung vor der Scheidung sind die „Zeit zum Nachdenken“, die einvernehmliche Trennung vor der Scheidung und der Auszug aufgrund eines besonders unleidlichen Verhaltens des Ehepartners.
Dr. Mariella Stubhann MPM MBAFinanz & Recht „Die Motivation für den Auszug eines Ehepartners aus der gemeinsamen Ehewohnung ist in den meisten Fällen nachvollziehbar. Das ändert nichts am hohen Risiko des ausziehenden Ehepartners.“
1. „Zeit zum Nachdenken“
Ein besonders beliebter Grund für den Auszug aus der gemeinsamen Ehewohnung vor der Scheidung ist die „Zeit zum Nachdenken“. Das ist verständlich. Wenn es in der Ehe kriselt, kann ein kurzer Abstand eine heilende Wirkung haben.
Der Abstand kann jedoch dem Ehepartner, der die gemeinsame Wohnung verlässt, im Laufe des restlichen Lebens auch hunderttausende Euro kosten.
Dabei ist es eigentlich unerheblich, ob der ausziehende Ehepartner die Zeit zum Nachdenken braucht oder der Ehepartner, der in der Wohnung verbleibt. Auch der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Auszuges Einigkeit unter den Ehepartnern bestand, dass dies eine sinnvolle Maßnahme ist, schützt den ausziehenden Ehepartner ohne weitere Maßnahmen nicht vor teuren Folgen.
2. Einvernehmliche Trennung vor der Scheidung
Ebenso häufig kommt es vor, dass die Ehepartner die Scheidung bereits beschlossen haben und deshalb einvernehmlich festlegen, dass sie vor der Durchführung der Scheidung getrennt wohnen wollen.
Auch in diesem Fall würde am ersten Blick niemand ein Risiko für den ausziehenden Ehepartner vermuten. Es liegt doch Einigkeit zwischen den Ehepartnern vor. In der Realität stellt aber auch dieses Szenario eine böse Falle dar.
3. Auszug aufgrund eines ehewidrigen Verhaltens des anderen Ehepartners
Der dritte Grund für einen Auszug ist das Verlassen der Ehewohnung aufgrund eines ehewidrigen Verhaltens des anderen Ehepartners. Dafür existieren vielfältige Ursachen.
Ein Ehepartner kann wiederholt Streit provozieren, Drohungen aussprechen oder im schlimmsten Fall handgreiflich werden. Ebenso kommt es vor, dass ein Ehepartner den anderen Ehepartner sexuell betrogen hat und ein weiteres Zusammenleben für den bedrohenden Ehepartner unerträglich erscheint.
Auch dieser Schritt soll gut überlegt sein, um kein teures Eigentor zu riskieren.
Böswilliges Verlassen
Die Ursache für das finanzielle Risiko des ausziehenden Ehepartners liegt im österreichischen Ehe- und Scheidungsrecht.
Während der Ehe stellt das Zusammenleben der Ehepartner in der häuslichen Gemeinschaft eine wesentliche Ehepflicht dar. Das österreichische Gesetz sieht also vor, dass Ehepartner während der Ehe in einer Gemeinschaft und nicht getrennt zu leben haben.
Das eigenmächtige Aufheben dieser häuslichen Gemeinschaft, besser bekannt als „böswilliges Verlassen“, wird daher als gesetzwidrige Eheverfehlung gewertet.
Dr. Mariella Stubhann MPM MBAFinanz & Recht „Wer nun denkt, dass die bloße Zustimmung des Ehepartners im Fall eines Auszuges aus der Ehewohnung die notwendige Sicherheit bringt, irrt gewaltig.“
Verschulden
Wenn ein Ehepartner eine Eheverfehlung setzt, kann dies für ihn im Rahmen der späteren Scheidung gravierende Folgen haben.
Wenn eine Ehe aufgrund des Verschuldens eines Ehepartners geschieden wird, trifft den schuldigen Ehepartner gegenüber dem schuldlosen Partner eine deutlich strengere und höhere Unterhaltspflicht als bei einer Scheidung ohne Verschulden.
Dies kann im schlimmsten Fall mehrere tausend Euro Unterschied pro Monat ausmachen.
Dr. Mariella Stubhann MPM MBAFinanz & Recht „Daher will der verlassene Ehepartner später im Rahmen der Scheidung von seiner früheren Zustimmung zum Auszug des ausziehenden Ehepartners nichts mehr wissen. Stattdessen wird behauptet, der ausziehende Ehepartner habe den anderen böswillig verlassen, um eine Scheidung aufgrund von Verschulden zu erreichen.“
Eine Frage des Beweises
Wer daher mit seinem Ehepartner einen Auszug zum Zweck des Nachdenkens oder zum Zweck der vorgezogenen Trennung vor der Scheidung vereinbart, soll diese gemeinsame Entscheidung tunlichst schriftlich in Form einer Trennungsvereinbarung festhalten.
Wer das Zusammenleben mit dem Ehepartner für unzumutbar hält, etwa weil dieser ständig Streit provoziert oder sogar gewalttätig wird, sollte beim Gericht entweder eine Wegweisung des gewalttätigen Partners beantragen oder einen Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der getrennten Wohnungsnahme stellen.
Dr. Mariella Stubhann MPM MBAFinanz & Recht „Diese Maßnahmen stellen sicher, dass der ausziehende Partner später vor Gericht nachweisen kann, dass er keinen Verschuldensgrund in Form des böswilligen Verlassens gesetzt hat.“